Bayer Leverkusen - 1. FC Köln 4:4 (1:1)

Neun Spieltage hatte die 2. Bundesliga Süd auf diese Partie gewartet, zum Auftakt des zehnten Spieltags kam es nun zum absoluten Spitzenspiel zwischen den rheinischen Rivalen von Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln. Viele – zu viele – Schlagzeilen hatte diese Partie im Vorfeld gemacht, letztlich konnten sich beide Vereine auch nicht davon freisprechen, dass eine etwas konstruktivere Zusammenarbeit beim vermeidlichen Hooligan-Problem hier vonnöten gewesen wäre. So traf man sich am 27. November 2009 im Jugend-Trainingszentrum von Bayer Leverkusen am Kurtekotten – und damit pikanterweise auf Kölner Stadtgebiet. Sportlich war die Ausgangssituation hingegen nach der Kölner Niederlage gegen Sindelfingen hingegen recht klar: eine Niederlage konnten sich die Domstädterinnen im Aufstiegskampf wohl auf keinen Fall leisten, um nicht mit einer großen Bürde an Punktrückstand die Freude am Weihnachtsbaum zu verlieren. Allerdings hätte eine Niederlage auch für die Gastgeberinnen schmerzhafte Folgen gehabt, schließlich wäre somit die frisch gewonnene Tabellenführung futsch. So war für viel Spannung gesorgt – einen klaren Favoriten im Duell jung gegen erfahren gab es wohl nicht, diese Rolle wurde auch wortgewandt zwischen der rechten und der linken Rheinseite hin- und hergeschoben.
Nach den ersten zehn Minuten sah es dabei so aus, als würden die Gastgeberinnen dem Rhein-Rivalen keine Chance bieten. Die erste Chance hatte Johanna Elsig, deren langer Freistoß aus dem Mittelfeld tückisch im Strafraum aufsetzte und somit Kathrin Wojtasik im Kölner Tor viel mehr Probleme bereitete als dies zu erwarten war. Zuvor hatte das Team von Doreen Meier mit langen Pässen aus dem Mittelfeld für Gefahr gesorgt und dabei Pech gehabt, dass die nötige Präzision immer nur knapp verfehlt wurde. Der FC war zur Defensive verdonnert und suchte verzweifelt Bilgin Defterli, die im Sturm die Rolle der Alleinunterhalterin einnahm. Die Partie schien spannend von der ersten Minute, die für die unter dem Strich fragwürdigen Rahmenbedingungen hochbemerkenswerten 1250 Zuschauer wurden bei freiem Eintritt bestens unterhalten. Denkwürdig wurde es dann in der 17. Minute, denn zunächst hatte der 1. FC Köln durch Maike Seuren und die freistehende Patricia Hanebeck beste Gelegenheiten, als Leverkusens Torfrau Lisa Schmitz, nachdem sie den Versuch von Hanebeck abgefangen hatte, mit einem schnellen Abschlag einen Konter einleitete, über eine weitere Station landete der Ball bei Lisa Schwab, die freistehend an den langen Pfosten zur zu diesem Zeitpunkt verdienten Leverkusener Führung einspitzelte. In der 20. Minute leitete ein Fehlpass von Nicole Bender einen Konter über Carolin Dej ein, die aus spitzem Winkel nur die Oberkante der Latte traf. Zwei Minuten später feuerte der Gast in diesem Chancen-Feuerwerk die erste gefährliche Rakete, doch nachdem Paula Balzer einen Angriff über Seuren auf dem rechten Flügel lanciert hatte und deren Flanke bei Hanebeck landete, war der Abschluss der ehemaligen Juniorinnen-Nationalspielerin zu schwach. Der 1. FC Köln schien sich gefangen zu haben, hatte aber in dieser Situation Glück, nicht das zweite Tor zu fangen, denn in der 29. Minute fand ein langer Ball von Lynn Mester Schwab, die freistehend versuchte, den Ball über Wojtasik zu heben - diese parierte glänzend und verdiente sich in dieser Situation gleichzeitig das Sport-live.net - Bild des Tages. In der 32. Minute hatte Schwab erneut eine Chance nach einem Freistoß, der Ball landete aber nicht im Tor, letztlich pfiff die in manchen Situationen etwas unberechenbare, aber sonst relativ solide Schiedsrichterin Marina Wozniak zurecht ein Foulspiel vorher ab. Immer wieder feuerte die Kölner Bank Julia Pfannschmidt an - entweder verdient sich eine Spielerin dieses Lob mit besonderer Leistung oder es ist ein Zeichen dafür, dass etwas Sand im Getriebe der Akteurin zu stören scheint. Bei der ehemaligen Pulheimerin war es eindeutig zweiteres Symptom - umso erfreulicher war es für die Kölnerin, dass sie in der 40. Minute mit einem Konter über die linke Seite den Ausgleich einleitete - im Strafraum passte sie quer auf die besser postierte Bilgin Defterli, die im Abschluss keine Probleme hatte. Einen weiteren Warnschuss stellte ein 25-Meter-Freistoß von Anne Lenz kurz nach diesem Tor da, letztlich ging es aber mit 1:1 in die Pause.
Auch die erste Chance der zweiten Halbzeit hatten die Gäste, doch Bilgin Defterli vergab knapp, nachdem sie von Bender bedient worden war. Das erste Tor der zweiten 45 Minuten fiel auf der anderen Seite in der 54. Minute, dabei war es - je nach Sympathie und Perspektive - allerdings erstaunlich und erschreckend, wie leicht sich Schwab bei ihrem zweiten Tor an der Strafraumgrenze gegen Nationalspielerin und FC-Kapitän Sonja Fuss durchsetzen konnte, Wojtasik war bei dem präzisen Abschluss chancenlos. Vielleicht war es aber gerade die oft zitierte Kölner Erfahrung, die auch hier dafür sorgte, dass der erneute Ausgleich nicht weit auf sich warten ließ, denn nur zwei Minuten später hatte Defterli freistehend keine Mühe, das 2:2 zu erzielen. Es war nun das perfekte Wechselbad der Gefühle, denn bereits acht Minuten später führte Leverkusen mit 4:2: in der 59. Minute stand Schwab auf der rechten Angriffsseite sträflich frei und brachte ihr Team mit 3:2 in Führung, in der 64. Minute ließ Mester das 4:2 folgen, womit Leverkusen schon fast wie der sichere Sieger aussah. Doch dass die Partie noch lange nicht entschieden war, wurde in der 68. Minute klar, als Schmitz glänzend gegen Balzer und Hanebeck parierte und dann beim Nachschuss das nötige Glück hatte, dass Hanebeck im Abseits stand. In der 73. Minute fiel dann aber doch der Anschlusstreffer, als Bender nach einer Hanebeck-Ecke auf Höhe der Fünfmeterlinie am höchsten stieg und einköpfte - das von der Leverkusener Bank monierte Foul konnte ich auf den Fotos nicht erkennen. Eine hakelige Situation gab es dann in der 76. Minute, Bilgin Defterli setzte sich im Zweikampf gegen Johanna Elsig durch und hatte bereits freie Sicht auf Schmitz, bevor Elsig die türkische Nationalspielerin doch noch erwischte - hier hätte sich Leverkusen auch nicht beschweren dürfen, hätte es statt dem gelben den roten Karton gegeben. In der 81. Minute wurde der FC für die kämpferische Moral belohnt: wieder brachte Hanebeck eine Ecke in den Leverkusener Strafraum, dieses Mal war Fuss in der Luft überlegen und nutzte dies zum 4:4 - was trotz Gelegenheiten auf beiden Seiten der Endstand einer turbulenten Partie war. Letztlich war dies aus Kölner Sicht auch der Verdienst der eingewechselten Jeanette Blömen, die noch in der vierminütigen Nachspielzeit eine freistehende Gegenspielerin taktisch geschickt umriss, auch hier wäre ein Platzverweis durchaus korrekt gewesen, doch wie zuvor bei Elsig beließ es Wozniak bei der gelben Karte.
Die Zuschauer sahen an diesem Freitagabend am Kurtekotten eine Partie, die sich deutlich im Bundesliganiveau bewegte. Sicherlich werden beide Teams bei einem Ergebnis von 4:4 nicht zu Unrecht für sich beanspruchen, man hätte den Sieg holen müssen, unter dem Strich war dieses Remis aber leistungsgerecht und erhielt die Spannung in der 2. Bundesliga Süd. Für mich war es ein klares Argument für Aufstiegs-Playoffs in der 2. Bundesliga - es ist geradezu eine sportliche Schande, dass nur eine der beiden Mannschaften im Sommer 2010 den Weg in die Erstklassigkeit antreten wird (sportliche Ambitionen aller Konkurrenten muss man nach diesem Spiel einfach zu den Akten legen). Egal, welches der beiden Teams in der Saison 2010/11 den Mittelrhein in der Bundesliga vertreten wird, dies kann man schon mehr als ein halbes Jahr vor Saisonbeginn sagen, man muss mit einer würdigen Bereicherung der höchsten deutschen Spielklasse rechnen.



  Bayer Leverkusen   1. FC Köln
1 Lisa Schmitz (TW) 30 Kathrin Wojtasik (TW)
3 Johanna Elsig 6 Susanne Kasperczyk
4 Kathrin Hendrich 7 Nicole Bender
5 Teresa Tüllmann 8 Anne Lenz
10 Kerstin Stein 9 Frauke Renner
14 Carolin Dej 10 Patricia Hanebeck
15 Vanessa Baudzus (C) 11 Bilgin Defterli
16 Lynn Mester 15 Sonja Fuss (C)
18 Stephanie Mpalaskas 18 Julia Pfannschmidt
19 Lisa Schwab 19 Maike Seuren
23 Isabelle Linden 23 Paula Balzer
2 Audrey Knopp 2 Jeanette Blömen
9 Silke Tancyus 21 Nina Windmüller