Hide-a-lite Mullsjö AIS - FC Helsingborg 4:4 (1:1, 2:2, 1:1, 0:0)

Deutschland hat Unihockey-Helden - wer noch vor drei, vier Jahren gesagt hätte, dass sich deutsche Spieler in der Weltklasse behaupten können, wäre müde belächelt worden, inzwischen spielte Andreas Gahlert bei Uster eine mehr als überzeugende Saison 2007/08, in der Saison 2008/09 machte aber ein anderer Spieler von sich reden: Fredrik Holtz ist der erste deutsche Spieler, der jemals die Scorer-Liste der höchsten schwedischen Spielklasse, der Svenska Superligan (SSL), angeführt hat. Inzwischen musste er zwar unter anderem Danne Bron-Sundborn weichen, der deswegen kurz zuvor sein Finnkampen-Debut feierte, als drittplatzierter mit 50 Scorer-Punkten spielt aber der Bruder des deutschen Nationalmannschaftskapitäns Kristian Holtz weiterhin eine starke Rolle in der SSL. Grund genug, am 22. Februar 2009, dem "Sport-live.net-Tag der Deutschen Nationalspieler" (zuvor besuchte ich die Partie von Sonja Dietel in Gislaved) einen Abstecher zu seinem Heimatverein Hide-a-lite Mullsjö AIS zu machen, der an diesem Tag auch seine neue Spielstätte, die Nyhemshallen (benannt nach dem Stadtteil Nyhem), einweihte und sich damit die Fahrten ins ungeliebte Jönköping ersparte. Über 2000 Leute feierten ihr "MAIS" und ihren Fredrik Holtz, denn der Deutsche genießt auch in Schweden inzwischen absoluten Star-Status - Mullsjö ist "Holtzland", wie auf einem Banner in der Halle zu lesen war. Fredrik Holtz und seine Mannen waren gefordert, denn gegen Helsingborg musste man punkten, um im Abstiegskampf die Relegation abzuwenden und vielleicht die Provinz-Hauptstädter aus Jönköping hinter sich zu lassen.
So ging gab es dann auch erst einmal etwas Musik und sogar ein Gebet zur großen Einweihung, bevor sich die Spieler warmmachen konnten und die Partie letztlich pünktlich um 17:00 Uhr begann. Die ersten Minuten des Spiels gehörten Fredrik Holtz, den Helsingborg überhaupt nicht in den Griff bekam. Allerdings vergab er durchaus gute Gelegenheiten gleich zu Beginn, sorgte aber für die erste Überzahl der Partie. Geschickt hielt er den Stock von Johan Astbrant in der ersten Minute, dieser wehrte sich nicht regelgerecht und schob den Publikumsliebling in die Bande. Dafür durfte er nach nur 26 Sekunden Spielzeit hinter derselbigen Platz nehmen, das Powerplay der Gastgeber sah in Folge zwar gut aus, blieb aber erfolglos. Mullsjö suchte Holtz, doch bei einem Versuch eines langen Passes auf den linken Flügel der ersten Reihe fing Marcus Gullstrand den Ball ab und bediente Peter Vikman in der 5. Minute mustergültig - durch diesen Konter ging Helsingborg mit 0:1 in Führung. Die Freude der Hafenstädter hielt aber gerade einmal gut vier Minuten an, dann skandierten die Zuschauer "Vi älskar Tyskland", also "Wir lieben Deutschland", nachdem Fredrik Holtz nach einer knappen Handvoll gescheiterter Versuche den Ball aus halblinker Position am starken Mathias Andersson im Helsingborger Tor vorbeizog. Zwei Schwächen hatte Mullsjö aber in dieser Partie: zum einen war die Chancenverwertung deutlich verbesserungswürdig, was auch an einer fantastischen Leistung des eben erwähnten Andersson lag, zum anderen waren die Gastgeber aus Västergotland einfach zu anfällig für dumme Strafzeiten. Die erste kassierte Kim Hadelund in der 11. Minute, doch dessen Beinstellen an der Bande blieb ohne Folgen, da die Mullsjöer Box sicher stand. Auch deswegen stand die Halle nun Kopf und peitschte ihr Team nun nach vorne - eine Stimmung, wie ich sie beim Unihockey in Schweden noch nie erlebt habe und wie man sie höchstens aus Erzählungen aus Warberg kennt. Nach den ersten zehn Minuten kam die Helsingborger Abwehr dann allerdings auch besser mit Holtz zurecht - der deutsche kam nun in einem absoluten Kampfspiel seltener zum Abschluss. Auf der anderen Seite wirkten die Gastgeber zwar defensiv zu anfällig, mit Anton Lindqvist hatten sie allerdings einen ebenfalls starken Schlussmann in ihren Reihen. So blieb es beim 1:1 nach zwanzig Minuten - ein letztlich verdienter Zwischenstand.
Bei frühen Toren spricht man immer schnell von "Unkonzentriertheiten" der unterlegenen Mannschaft - und so könnte man auch den zweiten Treffer der Gäste erklären: 27 Sekunden nach der ersten Pause traf Daniel Johnsson zum 2:1 für die Gäste - sein satter Flachschuss war besser als Lindqvists Reaktion, der allerdings auch von der eigenen Abwehr geradezu sträflich alleingelassen wurde. In der 27. Minute musste Marcus Gullstrand auf die Strafbank, nachdem er seinen Gegenspieler in die Bande geschickt hatte. Nur 30 Sekunden später zappelte der Ball im Helsingborger Tor, Kim Hadelund hatte von der rechten Seite abgezogen und dabei die Lücke in der gegnerischen Defensive gefunden. Es wurde nun richtig dramatisch - nachdem es im ersten Drittel nur insgesamt acht Schüsse auf die Tore von Lindqvist und Andersson gab (Schussverhältnis 6:2), mussten die Torleute im zweiten Abschnitt 24 mal (13:11) eingreifen - oder waren eben auch machtlos wie in der 25. Minute, als Kim Hadelund bei seinem zweiten Treffer von der rechten Seite in den Slot zog und Andersson keine Abwehrchance ließ. Kurz danach geriet Mullsjö in Unterzahl, Mathias Forsberg musste für überharten Körpereinsatz, erneut ein Foul an der Bande, auf die Strafbank, die Box der Gäste stand aber erneut sehr gut, vielmehr hatte Hide-a-lite sogar die Chance, durch Viktor Andersson ein Short-Handed Goal zu erzielen. In der 39. Minute waren die Schiedsrichter Thomas Andersson und Kalle Fahlander dann knallhart: zwei Stockschläge hintereinander an der Bande - und schon musste Alexander Bergström neben dem Spielsekretariat Platz nehmen. Dieses Mal spielte Helsingborg eine bessere Überzahl, Magnus Anderberg schloss eine schöne Kombination über drei Stationen außen an der Box vorbei zum 3:3-Ausgleich ab. Dies war gleichzeitig der Pausenstand, der auch weiterhin letztlich in Ordnung ging.
Auch im dritten Abschnitt traf zunächst der Gast - und erneut war es ein schnelles Tor des FC Helsingborg. Daniel Johnsson traf in der 47. Sekunde des dritten Drittels zur erneuten Führung seines Teams. Die Freude währte aber nur kurz, denn die Antwort in Form des Ausgleichs ließ nicht einmal zwei Minuten auf sich warten: eine schöne Hereingabe von Kim Hadelund, der die Freiheiten nutzte, die durch die konsequente Manndeckung von Holtz durch die Helsingborger Abwehr entstanden, drückte Rickard Hessmer über die Torlinie, mit dem 4:4 war wieder alles offen. Zweimal musste Mullsjö noch eine Unterzahl durchstehen, insbesondere das Halten von Jimmie Pettersson in der 48. Minute wäre nicht nötig gewesen, doch so sehr auch beide Teams versuchten, die vollen Punkte für die Ligatabelle mitzunehmen, es wollte nicht gelingen - zu stark blieben auch die Torleute auf beiden Seiten. So blieb es beim 4:4, es ging in die Verlängerung. Diese war an Dramatik nicht zu überbieten, was auch ein unglaubliches Schussverhältnis von 13:9 in fünf Minuten dokumentierte. Eine Minute vor dem Ende der Partie scheiterte dabei Holtz knapp an Andersson, der somit auch zum Spieler der Partie für die Gäste wurde.
Nach dem Spiel war Holtz sichtlich geknickt, in dieser Partie wäre mehr drin gewesen für die SSL-Neulinge. Nichts destotrotz war dieser Punkt zumindest kurzzeitig sehr wertvoll, er reichte, von dem vorletzten Platz in der Tabelle, gleichzeitig die Fahrkarte für die Relegation, aus einen Platz an Jönköping vorbeizuziehen und damit sich vorerst im "sicheren Tabellenufer" wiederzufinden. Wie viel dieser Punkt wert ist, wird dann das direkte Duell der beiden Teams am letzten Spieltag wohl zeigen.



  Hide-a-Lite Mullsjö AIS   FC Helsingborg
39 Anton Lindkvist (TW) 27 Mathias Andersson (TW)
78 Christian Pettersson (TW) 78 Lars Nielsen (TW)
2 Emil Strandell 4 Peter Persson
4 Viktor Andersson 5 Björn Lundgren
5 Niklas Grek (C) 6 Johan Astbrant
8 Fredrik Holtz 7 Kristoffer Fält
10 Adam Fransson 9 Martin Hansson
11 Mathias Forsberg 12 Peter Vilkman
13 Emanuel Ambre 14 Fredrik Karlsson
17 Daniel Unosson 18 Marcus Gullstrand
19 Rickard Hessmer 19 Magnus Anderberg (C)
21 Johan B Falkman 21 Alexander Nede
28 Jimmie Pettersson 28 Björn Jönsson
30 Viktor Gustafsson 34 Tom Flydalen
40 Alexander Bergström 52 Simon Jönsson
50 Kim Hadelund 69 Daniel Johnsson
89 Gabriel Moberg 71 Magnus Hallbäck
90 Tobias Utterberg 80 Daniel Hagman